Es ist mittlerweile schon ein bisschen Zeit vergangen, als ich über den Smartbroker und dessen Vor- und Nachteile geschrieben habe. Wieso ich bei diesem Broker ein Zweitdepot eingerichtet habe, kannst du bei Interesse nochmal in diesem Artikel nachlesen. Heute soll es mal darum gehen, was sich bei diesem Broker seit meiner Depoteröffnung getan hat und was sich womöglich perspektivisch dort tun wird.
Auch möchte ich auf meine praktischen Erfahrungen etwas eingehen.
Hinweis: Dieser Artikel hat aktuell nur noch eingeschränkte Aktualität, da Smartbroker zwischenzeitlich Smartbroker+ heißt und tatsächlich einige der aufgeführten Mängel beseitigt hat. Über den "neuen" Smartbroker habe ich einen eigenen Artikel verfasst, den du hier findest: Review Smartbrokerplus.
Hier geht es zum „neuen“ Smartbroker(plus):
Inhaltsverzeichnis
Angebot „im Stillstand“, keine Smartbroker-App fürs Smartphone
Nun, der Punkt zu den Änderungen ist schnell ausgeführt: Seit meiner Depoteröffnung hat sich wenig bis gar nichts geändert. Weder an der Palette an angebotenen ETF-Sparplänen, noch bei den Aktien-Sparplänen oder an der Webseite allgemein. Noch immer sind Aktiensparpläne nur eingeschränkt empfehlenswert, da sie erst ab einer Sparrate von 125 Euro pro Aktie möglich sind und kein Bruchteilerwerb möglich ist.
Du kannst also nur ganze Aktien besparen, was leider noch immer einen ziemlichen Wettbewerbsnachteil zu anderen Brokern darstellt, wo du bereits ab 10 Euro selbst in eine Aktie wie Amazon investieren kannst. Zudem gibt es nur vergleichsweise wenige Aktien im Sparplan.
Auch der „Nachteil“ mit den Negativzinsen auf Guthaben unter gewissen Voraussetzungen besteht nach wie vor.
Das aktuelle Angebot an Sparplänen (Stand: Januar 2022) umfasst demnach:
- 280 gebührenfreie ETFs im Sparplan
- 350 ETF-Sparpläne zu regulären Konditionen (0,20% je Ausführung, mindestens 0,80 Euro)
- Über 1000+ aktive Fonds im Sparplan ohne Ausgabeaufschlag
- 102 Aktiensparpläne, hier jedoch nur Aktien aus den folgenden Indices: DAX, MDAX, und nur 11 Aktien aus dem S&P 500
Abwicklung über die DAB BNP Paribas
Ebenfalls nicht geändert hat sich, dass dein Depot bei der DAB BNP Paribas geführt wird. Dein Verrechnungskonto hat eine IBAN dieser Bank und auch die Einlagensicherung etc. entspricht den Konditionen dieser Bank für Vermögensverwalter. Auch konntest du kurzzeitig dein Smartbroker-Depot über die (inzwischen gelöschte) B2B-App der DAB BNP Paribas einsehen. Dies geht nun aber nicht mehr, die App ist aus den App-Stores gelöscht.
Hier setzt auch schon meine erste kleine Kritik an: Durch die Kooperation mit der DAB BNP Paribas wird auch deren IT-Plattform und deren Eigenarten im Ablauf übernommen. Dies führt in meinen Augen zu den gleichen „Nachteilen“ wie schon bei der Consorsbank, meinem Haupt-Depot.
Wenn du beim Smartbroker (oder auch bei Consors) ein Wertpapier verkauft hast, wird das Geld aus dem Verkauf dir zwar sofort optisch auf deinem Verrechnungskonto als Geldeingang angezeigt, die Wertstellung (Valuta) erfolgt aber immer erst 2 Werktage später.
Dies hat in der Praxis dann die Folge, dass wenn du vor Ablauf der zwei Tage erneut mit diesem Geld handelst, du im Prinzip einen „Kredit“ aufnimmst und für diese zwei Tage Zinsen zahlen musst. Je nach Summe, spürst du das im Geldbeutel tatsächlich.
Beispiel:
Du kaufst dir eine Aktie für 20.000 Euro. Diese ist nun im Gewinn und du verkaufst sie wieder und realisierst deinen Gewinn, in Höhe von sagen wir mal 500 Euro. Die 20500 Euro werden die dann sofort auf dem Verrechnungskonto angezeigt.
Wenn du nun aber diese 20500 Euro direkt in eine andere Aktie investieren möchtest, geht das zwar, aber eben nur über einen „Kredit“. Die 20.500 Euro aus deiner Transaktion sind nämlich erst noch „auf dem Weg zu dir“ bis zur Wertstellung 2 Werktage später.
Schnelles Traden (rein / raus) ist damit leider nicht so attraktiv, es sei denn du hast noch weitere 20.500 Euro zum sofortigen Investieren auf dem Verrechnungskonto zur Überbrückung bis zur Ankunft.
In meinen Augen ist solch eine Praxis in der heutigen Zeit mit den schnellen Super-Computern nicht mehr zeitgemäß. Möglicherweise ist auch die Regulierung schuld an der Praxis. Stören tut es mich aber so und so.
Weiterer Nachteil: Bruchstücke vs. Einmalkauf
Ein weiterer „Nachteil“ besteht ebenso beim Smartbroker wie bei der Consorsbank: Wenn du ETF-Sparpläne nutzt, erhältst du zwangsläufig Bruchstücke der ETFs in dein Depot. Also zum Beispiel 1,258 Stück des ETF. Wenn du den gleichen ETF dann aber auch noch zusätzlich „händisch“ per normaler Order kaufst, dann werden die Positionen leider nicht technisch „verschmolzen“, sondern wie zwei verschiedene Positionen im Depot behandelt.
Bei Ausschüttungen hat das dann die Folge, dass du zwei Ausschüttungen aus dem ETF erhältst, einmal aus dem Sparplan und einmal aus dem Einmalkauf per Order. Gegen diese Praxis habe ich grundsätzlich ja nichts einzuwenden, allerdings sollte man hier dem Kunden wenigstens die Möglichkeit geben, die Positionen auf Wunsch selbst zusammenzulegen.
Noch komplizierter ist es, wenn du einen aktiven Sparplan auf einen ETF hast, einen Einmalkauf und einen in der Vergangenheit kurzfristig begonnenen und gelöschten Sparplan auf ein und denselben ETF. Dann bekommst du ganze 3 mal Ausschüttung und musst drei Orders erteilen (3 x Transaktionskosten), um dich von diesem einen ETF zu trennen. Er existiert quasi in 3 Töpfen mit 3 Beständen (Sparplan, Einmalkauf, abgebrochener Sparplan).
Kompliziert und nicht mehr zeitgemäß das Ganze.
Diese Änderung habe ich auch oft bei der Consorsbank angeregt. Hier sieht man sich aber ebenfalls nicht bemüht, etwas an diesem Wahnsinn zu ändern.
Meine praktischen Erfahrungen mit dem Smartbroker
Ansonsten kann ich bislang nichts Negatives über den Smartbroker berichten. Die Trades haben alle problemlos funktioniert, auch bei der technischen Abwicklung gab es nie Probleme. Die ETF-Sparpläne wurden wie eingerichtet umgesetzt und auch die händischen Käufe und Verkäufe verliefen wie man es sich wünscht.
Die Sparpläne werden beim Smartbroker über die Börse Lang & Schwarz um 09:15 Uhr abgewickelt (Stand: Januar 2022). Für den Kunden nachteilige Spreads konnte ich hierbei bislang nicht feststellen.
Die Oberfläche des Smartbrokers wirkt zwar ziemlich altbacken im direkten Vergleich zu anderen Neo-Brokern, aber dies kann und sollte sich in der Zukunft noch ändern. Funktionell ist sie jedenfalls, zumindest wenn man einen PC / Laptop hat. Mit dem Smartphone einloggen und Transaktionen freischalten ist in meinen Augen aktuell nicht brauchbar.
Zu den kleinen Problemen oben habe ich ja schon geschrieben, hier kann aber der Smartbroker nichts dafür. Das ist eher ein Problem der DAB BNP Paribas und ihrer Infrastruktur. Aber hier könnte sich in naher Zukunft etwas ändern! Aber mehr dazu weiter unten.
Aktuell wohl Probleme mit Wertpapierkrediten
Der Smartbroker wirbt auch mit den zugegebenermaßen tollen Konditionen für Wertpapierkredite (ab 2,25 %). Leider weiß ich aus erster Hand von einem Bekannten, dass es wohl aktuell Probleme mit Wertpapierkrediten seitens der DAB BNP Paribas geben soll.
Mein Bekannter hat einen solchen Kredit beantragt, wurde aber vom Smartbroker dahingehend vertröstet, dass die DAB aktuell keine neuen Wertpapierkredite vergibt. Sobald sich dies wieder ändert, werde man per Email benachrichtigt. Dies wundert mich etwas, wobei ich hier auch nicht zu viel reininterpretieren würde.
Vielleicht hängt dies auch mit den generellen aktuellen Entwicklungen beim Smartbroker zusammen. Trennt sich der Smartbroker etwa bald von der DAB BNP Paribas? Es spricht tatsächlich manches dafür.
Aktuelle Entwicklungen beim Smartbroker
Der Smartbroker ist bekanntlich eine Marke der wallstreet:online capital AG. Diese wiederum gehört zur wallstreet:online AG. Diese ist laut eigenen Aussagen der mit Abstand größte verlagsunabhängige Finanzportalbetreiber im deutschsprachigen Raum und bietet die offenbar größte Finanz-Community und somit Kundengruppe.
Die wallstreet:online AG betreibt die vier Börsenportale wallstreet-online.de, boersenNews.de, FinanzNachrichten.de und ARIVA.de. Der Smartbroker wird als Marke durch die WO Capital AG betrieben.
Ein Dienstleistungsvertrag besteht mit der DAB BNP Paribas, welche die Depotführung und die Transaktionen für den Smartbroker vornimmt. Das hängt damit zusammen, dass weder die wallstreet:online AG noch die wallstreet:online capital AG über eine Vollbanklizenz verfügen.
Dadurch dürfen sie Kundengelder nicht selber verwalten und sind auf Partner angewiesen. Ähnlich wie Trade Republic mit seinen Partnerschaften mit der HSBC, Lang & Schwarz und der Solarisbank. Auch Trade Republic hat nämlich keine Vollbanklizenz.
Hat der Smartbroker bald eine Vollbanklizenz?
Interessant ist in diesem Zusammenhang eine recht frische Pressemeldung der wallstreet:online AG vom 01.12.2021. Demnach soll eine Kapitalerhöhung der WO AG dazu führen, das dynamische Wachstum des Smartbrokers mit rund 8 Millionen Euro weiter zu unterstützen.
Wesentliche Punkte der Meldung (Zitat):
– Das zusätzliche Kapital soll den Wachstumskurs der wallstreet:online capital AG und ihres Online-Brokers, des Smartbroker, unterstützen
– Die Überschreitung der 10 Mrd. Euro-Schwelle bei den Assets under Management wird voraussichtlich Anfang 2022 erfolgen
– Die für eine Geschäftsexpansion erforderliche aufsichtsrechtliche Lizenzerweiterung der wallstreet:online capital AG wird im ersten Halbjahr 2022 erwartet
– Die wallstreet:online AG hält weiterhin mehr als 95% an der wallstreet:online capital AG. Ein Squeeze-out der Minderheits-Aktionäre ist für Anfang 2022 geplant
Quelle: Wallstreet-Online, Pressemeldung vom 01.12.2021
Im weiteren Text der Meldung gibt es folgende interessante Passage:
„Der zur Bewältigung des Wachstums erforderliche Personalaufbau bei der WOC AG schreitet planmäßig voran. Die geplanten technischen Neuerungen, insbesondere der Aufbau einer neuen IT-Infrastruktur, sind bereits in Arbeit und werden voraussichtlich im ersten Halbjahr 2022 abgeschlossen sein.“
Quelle: s. oben
Smartbroker bald unabhängig von der DAB BNP Paribas?
In solche Pressemeldungen kann man natürlich viel reininterpretieren. Ob alles so eintritt, steht dann auf einem anderen Blatt.
Für mich ergeben sich hinsichtlich der Zukunft des Smartbrokers folgende Spekulationen. Wohlgemerkt, es handelt sich hier nur um Spekulationen meinerseits!!!:
- Die WO Capital AG bekommt weitergehende Lizenzen, eventuell sogar eine Vollbanklizenz, zumindest aber wohl eine eigene Brokerlizenz. Dadurch könnte die Abwicklung über die DAB BNP Paribas künftig nicht mehr notwendig sein und es hier zu einer Trennung kommen
- Der erwähnte Aufbau einer neuen IT-Infrastruktur welche bis zum 1. Halbjahr 2022 abgeschlossen sein soll, passt zu dieser Spekulation ebenso und dürfte vielleicht auch endlich eine moderne Smartphone-App für den Smartbroker umfassen
- „Geschäftsexpansion“ könnte bedeuten, dass der Smartbroker künftig alles aus einer Hand bedienen kann, auch die Depotführung
- Für Kunden könnte dies dann bedeuten, dass ihre Depotnummern zwar gleich bleiben, sich die IBANs der Verrechnungs- und Fremdwährungskonten aber ändern könnten
- Hierfür spricht auch der gefühlte aktuelle „Stillstand“ auf der Webseite des Smartbrokers. Es scheint sich also etwas zu tun hinter den Kulissen!
Mein Fazit:
Es tut sich was beim Smartbroker. Zumindest auf Ebene der Pressemeldungen. Die obige Pressemeldung macht es ziemlich spannend, was so in den nächsten 6 Monaten oder im Jahr 2022 passieren wird. Wird der Smartbroker also bald ein „echter“ Broker? Erfolgt eine Trennung von der DAB BNP Paribas? Erscheint endlich eine moderne Smartphone-App? Ändern sich in dieser Transformation die Konditionen und Preise?
Die „Probleme“ mit den Wertpapierkrediten könnte zu dieser Hypothese ebenso passen, genau wie der Aufbau der „neuen“ IT-Systeme.
In der neuesten Pressemeldung vom 07.01.2022 ist zudem die Rede davon, dass eine weitere Tochtergesellschaft der WO AG mit dem Namen „wallstreet:online Publishing GmbH“ gegründet wurde, in welcher zukünftig die redaktionellen Produkte der Börsenportale gebündelt werden sollen. Zudem startet die wallstreet:online AG mit dem Aufbau einer neuen „Trading-Redaktion“. Eine solche Redaktion würde ebenfalls sehr große Synergien mit einer „eigenen“ Brokerage haben.
Man könnte hier den Kunden das „Traden“ beibringen und hierbei zur Demonstration die eigene Broker-IT nutzen und so gleichzeitig auch Neukunden gewinnen, z.B. mittels Youtube-Videos. Clever.
Ob es alles so kommt, steht natürlich auf einem anderen Blatt. Mein Depot dort werde ich auf jeden Fall behalten und die Entwicklungen weiter mit Spannung beobachten.
Kleine Korrektur zum Artikel.
Die Wertstellung bei einem Kauf oder Verkauf an einer D Börse führt immer zu einer Wertstellung t+2 Tage. Du nimmst also keinen Kredit auf wenn Du sofort wieder handelst, da Deine Kaufsumme auch erst 2 Tage später gebucht wird.
Ich befürchte, dass hier mehr im Busch ist. Es ist derzeit sehr still geworden um den Smartbroker.
Vielen Dank für die Infos!
Ist inzwischen bekannt, ob sich der Smartbroker von der DAB trennt? Wer tritt an ihre Stelle?
Gruß
Hinweis: Die Anzahl der kostenlosen Sparpläne hat sich reduziert, da ab 2022 die xtrackers-ETFs nicht mehr kostenlos sind…