Selbstgenutzte Immobilie – Ein sinnvolles Investment?

Generell betrachte ich eine selbstgenutzte Immobilie ziemlich zwiespältig: Einerseits halte ich sie in den seltensten Fällen für ein gutes Investment. Unter dem Strich fährt man nämlich rein rechnerisch tatsächlich oft als Mieter unter bestimmten Bedingungen besser.

Andererseits hat sich meine Meinung auch hier ein bisschen verändert. Kleiner Spoiler vorweg: Corona, die aktuelle Situation am Immobilienmarkt und mein Familiennachwuchs sind hier „schuld“ daran, dass ich das Thema Eigenheim inzwischen differenzierter betrachte. Selbst der Focus widmete sich jüngst der Frage ob Mieten unter dem Strich noch immer billiger ist, als Kaufen. Oder ob sich bei der Einschätzung etwas verändert hat.

Wie stehe ich also heute zum Thema selbstgenutzte Immobilie?

Inhaltsverzeichnis

„Mieten ist immer besser als kaufen!“

In einem meiner ersten Artikel hatte ich genau diese Meinung vertreten. Eine Immobilie besitzen und vermieten auf der einen Seite, selbst auf Miete wohnen auf der anderen Seite, war für mich auch der smarte Königsweg. Immerhin – so meine damalige Ansicht – machen es Gerald Hörhan und andere erfolgreiche Immobilien-Millionäre ja vor.

Der gute Gerd Kommer* urteilt sowieso ziemlich eindeutig gegen die selbstgenutzte Immobilie.

Dass ich meine Wohnung seit einigen Jahren ebenfalls vermiete, habe ich ja an anderer Stelle bereits geschrieben. Das „Asset“ Immobilie decke ich somit über meine eigene vermietete Wohnung schonmal ganz gut ab, da auch die Mietrendite noch stimmt. Doch dazu später mehr.

So viel sei verraten: Auch auf andere Weise sorgen Immobilien bei mir für zusätzlichen Cashflow. Dennoch spiele ich aktuell mit dem Gedanken, mir eine familiengeeignete selbstgenutzte Immobilie zuzulegen. Selbstredend wird mein Depot hierfür aber nicht angetastet.

Das spricht für Mieten statt Kaufen

  • Hohe Flexibilität: Als Mieter bist du flexibel. Du kannst wohnen wo du möchtest und bei Bedarf innerhalb weniger Tage deinen Lebensmittelpunkt wieder verlagern. Egal ob neuer Job, eine neue Partnerschaft oder Knast: Als Mieter fährst du in sich ändernden Lebenslagen meist besser
  • Kein Klumpenrisiko: Die meisten Menschen betrachten ihre selbstgenutzte Immobilie als das „größte Investment“ ihres Lebens. Ob es nun ein Investment ist oder nicht, „groß“ ist es in jedem Fall. Vor allem bei den heutigen Preisen. Wenn du also eine Immobilie kaufst, bindest du auf einen Schlag sehr viel Kapital. Und das über mehrere Jahre oder Jahrzehnte. Diversifikation ist etwas anderes.
  • Andere Assets performen besser als Immobilien: Wenn du mietest, hast du die Möglichkeit, dein Geld in anderen Assets, die wesentlich besser performen, für dich arbeiten zu lassen. Zum Beispiel in Aktien oder Kryptowährungen.
  • Keine Instandhaltungskosten: Mieter scheren sich nicht um kaputte Dächer, zu ersetzende Heizungen, aktuelle Öko-Vorschriften oder andere Probleme eines Eigentümers. Zwar können einige Kosten auf den Mieter umgelegt werden, aber die meisten Instandhaltungskosten gehen auf die Karte der Eigentümer.

Weitere Vorteile beim Mieten

  • Kein Verwaltungsaufwand: Als Mieter unterschreibst du deinen Mietvertrag und das wars dann. Keine Nebenkostenabrechung erstellen, keine Eigentümerversammlungen, keine Schreiben mit Behörden, Gebäudeversicherungen etc. Einfach nur deine Miete zahlen und fertig
  • Ansprechpartner für Reparaturen: Dies hängt mit dem vorigen Punkt zusammen. Ist in der Wohnung etwas kaputt, reicht eine Meldung an den Eigentümer und er muss sich um alles Weitere kümmern
  • Vertragliche Sicherheit: Bei einem guten, langjährigen Mietvertrag hast du einen relativ hohe vertragliche Sicherheit. Eine Kündigung von Heute auf Morgen ist nicht möglich. Achtung aber beim Thema Kündigung wegen Eigenbedarf! Darum weiter unten noch ein paar Worte
  • Schwankungen am Immobilienmarkt interessieren nicht: Als Mieter juckt es dich nicht, ob die Immobilie an Wert gewinnt oder verliert. Maximal kann sich das auf die Miete auswirken. Tendentiell kann dir aber ein Immobiliencrash ziemlich egal sein
  • Derzeit mangelhafte Mietrendite: Die aktuell hohen Immobilienpreise sorgen dafür, dass es aktuell sehr schwer ist, eine gute Mietrendite nach Kosten zu erwirtschaften. Wenn du also lukrativ vermieten möchtest, ungünstiges Umfeld!
  • Mieter erhalten tendenziell immer mehr Rechte, Vermieter entsprechend weniger (Mietbremse, Mietdeckel, Enteignungen, neue Vermögenssteuer?)

Das spricht für die selbstgenutzte Immobilie und gegen das Mieten

  • Mieter zahlen auch Kosten, die ihnen nicht direkt nutzen (Umlagefähige Kosten wie Grundsteuer etc.). Zwar gehe ich davon, dass dies auch nicht mehr lange so sein wird, aber aktuell ist das noch der Fall
  • Eigener Grund und Boden, somit eigene Spielregeln: Ein eigener Garten, eigene Verbundenheit mit dem Erdreich oder freie Natur für die Kinder zum Spielen. Ja, das ist Luxus. Aber für die meisten Menschen ein dennoch ziemlich erstrebenswerter. Egal ob für Spaß und Spiel oder zum Anbauen eigener Früchte oder Gemüse: Eigenes Land macht dich trotz allem ein Stück unabhängiger
  • Schutz vor Kündigungen durch den Vermieter: Als Mieter schwankt über die stets das Damoklesschwert der Kündigung durch deinen Vermieter. Egal was für einen tollen, unabhängigen Lifestyle du pflegst, wenn die Kündigung kommt, bringt dich das in Schwierigkeiten. Zwar kann man sogar eine Kündigung aus Eigenbedarf vertraglich ausschließen, im Härtefall wird der Eigentümer aber stets Zugriff auf sein Hab und Gut bekommen. Zumindest solange wir noch in einem halbwegs freiheitlichen System leben

Weitere Vorteile von Wohneigentum

  • Immobilien in guter Lage behalten und steigern auch langfristig ihren Wert: Nicht umsonst gibt es die Floskel: „Lage, Lage, Lage!“. Tatsächlich kommt es in erster Linie auf die Lage der Immobilie an und nicht auf die Immobilie an sich. Diese hat steuerlich betrachtet nämlich nach 50 Jahren genau den Wert „Null.
  • Kaufen und nach 10-20 Jahren verkaufen KANN ein gutes Geschäft sein: Wenn die Immobilie im Wert steigt, kannst du sie mit Gewinn wieder verkaufen und genießt ab diesem Zeitpunkt wieder die Vorzüge der Flexibilität eines Mieters (z.B. wenn du im Alter oft und viel auf Reisen bist). Letztenendes bindet dich die Immobilie maximal 10 Jahre und dann darfst du sie laut BGB verkaufen – egal wie dein Vertrag mit der Bank aussieht und das sogar steuerfrei
  • Eigene Entscheidung, was, wann und wie repariert werden soll: Klar, du entscheidest, in welchem Zustand sich dein Eigentum befindet. Du erachtest eine Reparatur nicht als notwendig? Dann lass es. Niemand kann dir reinreden oder dich hier unter Druck setzen (von sicherheitsrelevanten oder baurechtlich vorgeschriebenen Reparaturen einmal abgesehen)

Paralleler Vermögensaufbau als Mieter kriegsentscheidend!

Vermieter bzw. Eigentümer von Immobilien besitzen in der Regel mehr Vermögen. Manche führen dies auf den Disziplinierungseffekt einer Immobilie zurück: Du bist einfach gezwungen, deinen Kredit bei der Bank abzuzahlen.

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Dieser Zwang sorgt dann dafür, dass konsequent gespart wird. Dadurch schneiden Eigentümer oft besser ab, als Mieter. Wenn der Mieter aber parallel einen smarten Vermögensaufbau betreibt und dieses Geld ebenso anspart und vom Zinseszinseffekt profitieren lässt, dann kann die Rechnung schnell ganz anders aussehen.

In der Praxis kann das so aussehen: Du bist Mieter und investierst die Mehrkosten, die ein Vermieter hätte (Instandhaltungsrücklage etc.) stattdessen in einen ETF-Sparplan. Am Ende fährst du so vermutlich nicht wesentlich schlechter als der Eigentümer. Vorausgesetzt die Miete ist nicht allzu hoch! Und hier kommen wir nun zum Knackpunkt der heutigen Zeit.

Hohe Mieten ziehen das Pendel in Richtung Eigentum

Die aktuell sehr hohen Mieten in vielen Teilen Deutschlands und Europas (die EU-Geldpolitik lässt grüßen!) verschieben in meinen Augen derzeit die Rechnung in Richtung Eigentum. Geld ist billig, die Mieten hoch. Wenn ich nun die Wahl habe, eine Immobilie für 1100 Euro zu mieten oder für 1300 Euro Darlehensbetrag an die Bank zu kaufen, dann fällt für mich die Wahl derzeit auf den Kauf.

Die Immobilie kann ich nach 10 Jahren mutmaßlich mit Gewinn wieder verkaufen und habe bis dahin vielleicht sogar nur die Zinsen bezahlt. Diese kann ich wiederum von der Steuer absetzen. Vielleicht habe ich sogar Gewinn gemacht und dadurch quasi „kostenfrei“ gewohnt.

Auf Miete ist das Geld futsch. Als Mieten noch günstiger war als Kaufen, war die Rechnung anders: Für 600 Euro Mieten oder 1300 Euro kaufen, machte dann doch einen klareren Unterschied. Wie oben beschrieben würde es hier dann eher Sinn machen, zu mieten und die Differenz von 700 Euro in einen ETF-Sparplan oder Aktien-Depot zu investieren. Dann würde der Mieter vermutlich den Eigentümer renditetechnisch schlagen.

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Selbstgenutzte Immobilie? Inzwischen ja!

Daher sehe ich eine selbstgenutzte Immobilie inzwischen als nicht mehr so unwirtschaftlich wie am Anfang meines Blogs im Jahr 2016. Zu viel hat sich seitdem geändert. Zum einen finanzpolitisch durch die hohen Mieten, Immobilienpreise und das billige Geld, aber auch gesellschaftlich. Durch die Corona-Pandemie hat sich bei mir ein Bedürfnis nach Abgeschiedenheit eingeschlichen.

Die Vorstellung, ein eigenes (bezahlbares) Haus, in einer schönen Gegend mit viel Natur mit einem eigenen kleinen Grundstück zum Anbau von eigenem Obst/Gemüse zu haben, war plötzlich eine sehr attraktive! Weg von den ganzen verrückten Menschen Pro oder Contra Impfungen und dem ganzen Zeugs.

Offenbar schwimme ich hier dann wieder mit im Trend, weil es auch Anderen so zu gehen scheint. Vermehrt liest man von Trends weg von der Stadt und hin aufs Land als Reaktion auf die Pandemie.

Ein weiterer ganz privater Punkt kam natürlich auch hinzu: Wer Nachwuchs hat, weiß Platz zu schätzen. Genauso wie Ruhe, Frieden und Natur. Im hektischen und verrückten Stadtleben kann man dem eigenen Nachwuchs hier in meinen Augen schlechter gerecht werden. Zumal der aktuelle Trend zum Home-Office ohnehin die Wohnungsfrage weniger kriegsentscheidend sein lässt.

Weil eines hasse ich seit 2016 nach wie vor: Das tägliche Pendeln und Verschwenden von Lebenszeit!

Immobilien-ETF als Alternative?

Wenn du aber auch als Mieter Wohneigentum erwerben möchtest, dann geht dies selbstverständlich auch ohne eine eigene Immobilie. Hier könntest du zum Beispiel in Immobilien-ETFs oder REITs investieren. Dadurch bist du im Prinzip ebenfalls in die Asset-Klasse Immobilie investiert und hast eine Ausschüttungsrendite von 3-6 Prozent, je nach Risiko und Anlageschwerpunkt. So eine Mietrendite zu erzielen ist aktuell mit einer vermieteten Immobilie nahezu unmöglich.

Zusätzlich zu meiner eigenen Immobilie investiere auch ich in einen REIT, der mir verlässlich Dividenden auszahlt.

Wenn dich diese Art des passiven Einkommens mit Immo-ETFs oder REITs interessiert, kann ich dir abschließend das Buch von Luis Pazos empfehlen, der genau diese Thematik in seinem Buch „Bargeld statt Buchgewinn“ behandelt. Bislang habe ich nur Zusammenfassungen davon gelesen, werde es aber demnächst auch selbst lesen. Gerne werde ich dir dann eine konkrete Rezension verfassen und wie ich diese Anlagestrategie für mich bewerte.

Wie stehst nun du zum Thema selbstgenutzte Immobilie? Undenkbar oder auch dein persönliches Ziel?

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