Kommt ein Verbot von Provisionen für Finanzberater?

Das Thema Verbot von Provisionen für Finanzberater steht aktuell auf der Agenda der eventuell zukünftigen Ampel-Koalition. Bereits in der Vergangenheit wurde das Thema immer wieder aufgegriffen. Provisionsmodelle seien veraltet. Oder „Pyramidensysteme“. Besonders die Grünen fordern bereits länger schon ein Verbot von provisionsbasierter Entlohnung und den Wechsel hin zu einem Honorarmodell in der Finanzberatung.

Auf politischer Ebene der EU werden ebenfalls Verbote von Provisionsmodellen diskutiert. Großbritannien preschte hier vor und schaffte kurzerhand die Provisionsberatung vor mehreren Jahren komplett ab. Also: Sind Provisionen von Finanzberatern überhaupt noch zeitgemäß und macht ein Verbot Sinn?

Inhaltsverzeichnis

Provisionen für Berater

Im aktuell in Deutschland noch gängigen Modell der Provisionsbezahlung von Beratern läuft das folgendermaßen ab: Du gehst zu einem „Strukki“ (Strukturvertriebler wie DVAG, tecis, MLP uvm.), einer Filiale einer Versicherungsgesellschaft oder einem Bankberater.

Alle Genannten bieten ein ganz spezielles Produktportfolio von verschiedenen Gesellschaften an. Manche bieten dir hier eine größere Auswahl (i.d.R. Strukkis), andere wiederum eine sehr eingeschränkte Auswahl (Versicherungsgesellschaften und Banken). Bei Banken ist es häufig so, dass Kooperationen mit einzelnen Versicherungen, Fondsanbietern und Bausparkassen bestehen und daher auch nur diese Produkte „beraten“ werden. Beraten daher in Anführungszeichen, weil es sich oft nur um einen simplen Verkauf handelt. Der Bänker als bloßer Verkäufer? In vielen Fällen leider ja.

Bei Sparkassen zum Beispiel bekommst du teure aktive Fonds von „DEKA“ ins Depot, bei Volksbanken die von „Union Investment“. ETFs gehören bei Banken grundsätzlich nicht zur Beratung. Nicht weil sie schlecht oder zu riskant sind, sondern schlicht und ergreifend, weil sie keine Provisionen abwerfen!

Keine Provisionen bei ETF

Bei Versicherungen hingegen gibt es zum Glück inzwischen ETF-Lösungen, aber das auch nur, weil die Provision von dem „Versicherungsmantel“ um das Depot herum abhängt und nicht von den enthaltenen Fonds. Der Berater verdient also an dem Mantel, egal was er dir für einen „Motor“ dort einbaut. Ob aktiver Fonds oder ETF spielt hier dann keine Rolle.

Das ist zum Beispiel auch bei meiner ETF-Rürup so der Fall, diese habe ich aber aus ganz bestimmten Gründen so gewählt. Näheres kannst du gerne in meinem Artikel darüber nochmal nachlesen.

Zum Glück bieten also wenigstens die Versicherer häufig Lösungen auf ETF-Basis an. Hier scheint tatsächlich eine Art Umdenken stattzufinden. Hier musst du aber aufpassen, dass du deine Altersvorsorge nicht auf einem aktuellen Hype-Thema (Wasserstoff, E-Autos, Regenerative Energien) über ETFs aufbaust, sondern möglichst marktbreit streust. Jeder gute Berater wird dir das aber auch genauso vermitteln.

Die ersten 5 Jahre werden teuer

Aber wie funktioniert das nun konkret mit den Provisionen bei z.B. Versicherungen im Finanzbereich?

Du schließt eine Lebensversicherung, private Rentenversicherung, Rürup oder Riester bei einer Provisionsberatung ab. In den ersten 5 Jahren zahlst du der Gesellschaft und ihrem Berater deren Gehalt. Von deiner monatlichen Versicherungsrate wandert also anfänglich nur ein kleiner Teil tatsächlich in dein Fondsvermögen bzw. Depot oder deine Versicherung, ein Großteil fließt an die Gesellschaft bzw. deren Berater.

Dies ist bei den ersten 5 Jahren so. Danach sind die Abschluss- und Vertriebskosten bezahlt und es bleiben „nur“ noch die laufenden Verwaltungskosten für deinen gewählten Vertrag, die meistens prozentual bemessen werden. Z.B. laufende Kosten von 2% p.a. Diese 2% werden dauerhaft und Jahr für Jahr einbehalten. Direkt spürst du das also nicht, außer vielleicht durch eine vergleichsweise mäßige Gesamtrendite deines Vertrages. Das macht sich derzeit bei Lebensversicherungen oft bemerkbar. Lebensversicherer befinden sich vielerorts in der Krise wie auch Focus-Online zu berichten wusste.

Ab dem 5. Jahr beginnen also die meisten provisionsbasierten Altersvorsorgeprodukte erst mit der Rendite.

Alle Kosten müssen inzwischen transparent gemacht werden. Du müsstest also vor dem Abschluss auf einen Blick sehen können, wie teuer dich deine Versicherung bis zum Laufzeitende kommt. Auch die Provisionen müssen inzwischen ausgewiesen werden, wogegen die Versicherungslobby anfangs Sturm lief.

Genützt hat es nichts, auch hier hat also der Verbraucherschutz gewonnen.

Verbot von Provisionen in Großbritannien

In Großbritannien sind Provisionen für bestimmte Fonds und Altersvorsorge-Produkte seit 2013 komplett verboten. Entgegen ersten Befürchtungen führte das wohl nicht zu einem großflächigen Vermittlersterben. Im Gegenteil: Durch Umschulung oder als Neugründung hat sich dann die Honorarberatung dort etabliert.

Auch der Verbraucherschutz fordert für Deutschland ein solches Verbot, um eine kundengerechte Beratung zu ermöglichen und Interessenskonflikten beim Berater vorzubeugen. Auch andere Stimmen fordern immer wieder ein derartiges Verbot.

Denn oft verkaufen Berater tatsächlich besonders gerne diejenigen Produkte, die eine besonders hohe Provision abwerfen. Ob sie nun auch zum Kunden tatsächlich passen, ist leider oft erst das zweite Kriterium. Eigentlich sollte es genau andersherum sein. Dies wird durch eine Honorarberatung oft erreicht.

Hinweis: Wenn du ohne teuren Berater die ersten Schritte tun willst, habe ich hier einen Einsteigerguide für dich.

Honorarberatung besser als Provisionsberatung?

Bei der Honorarberatung bezahlst du als Kunde den Berater für seine Dienstleistung bzw. seine Lebenszeit. Ähnlich wie auch beim Steuerberater. Der Berater kann sich somit in der Theorie fokussierter auf die Bedürfnisse des Kunden und die Optimierung der Lösungen konzentrieren. Ohne Interessenskonflikte hinsichtlich seiner Bezahlung. Am Ende bekommst du eine Gesamtrechnung. Abschluss- und Vertriebskosten im Produkt zahlt der Kunde nicht.

Honorarberater bekommen auch keine Provisionen von den Gesellschaften, im Gegenteil, dies ist sogar verboten! Wenn doch Provisionen fließen, z.B. weil die Gesellschaften keine Netto-Tarife anbieten, dann besteht manchmal gar die Verpflichtung, die Provisionen an den beratenen Kunden weiterzureichen. Der Honorarberater soll ausschließlich von seinem Kunden bezahlt werden. Er setzt sich für den Kunden ein.

Die Honorarberatung ist somit wesentlich transparenter. Die Kosten lassen sich oftmals bereits vorab abstimmen.

Finanzberatung nur für Wohlhabende?

Ein tatsächlicher Nachteil der Honorarberatung sind die sofort zu entrichtenden Kosten. Während du bei einer Provisionsberatung möglicherweise die gleichen Kosten hast, das aber selbst nicht bemerkst, weil sich diese auf 5 Jahre strecken und „versteckt“ sind, wird bei Honorarberatern das Honorar sofort nach der Leistung sichtbar und fällig.

Nun haben Finanzen und Versicherungen in Deutschland noch immer einen schlechten Ruf bzw. sind oft Tabuthemen in Gesprächen (Stichwort: soziale Programmierung).

Wenn nun ein Kunde in der Praxis zu einem Honorarberater geht und dieser dem Kunden eine perfekte Altersvorsorgelösung konstruiert, können die Kosten dafür durchaus 4-stellig werden. Auch wenn der Kunde dadurch langfristig tausende Euros spart, weil die laufenden Kosten oft wesentlich geringer sind, muss das Honorar trotzdem sofort bezahlt werden. Dazu waren in Großbritannien scheinbar viele Kunden nicht bereit.

Vielleicht gibt es bei Honorarberatern in Deutschland aber auch Möglichkeiten der Ratenzahlung, Pauschalrechnungen oder Ähnliches. Sinn machen würde es, vor allem für sozial Schwächere.

Die Gefahr besteht daher tatsächlich, dass nur Reiche die langfristig günstigere und vielleicht bessere Honorarberatung nutzen würden. Andere scheuen vielleicht schlicht die Kosten und erhalten dann gar keine Lösung für ihr Alter.

Breiter Überblick über den Markt

Ein klarer Vorteil der Honorarberatung ist also, dass der Berater im Sinne des Kunden tatsächlich die „perfekte Lösung“ finden kann. Auch dadurch dass er eine ganze Palette von Anbietern im Portfolio hat und von diesen unabhängig ist. Jede Gesellschaft hat in anderen Punkten ihre Stärken und Schwächen. Bei der einen Versicherung macht eine Berufsunfähigkeitsversicherung Sinn, während eine Hausrat bei einer anderen Gesellschaft günstiger und besser ist.

Ein unabhängiger Honorarberater kann hier das Maximum für dich rausholen und somit auch einen maximalen Mehrwert für dich erreichen. Meiner Meinung nach sollte man daher nicht an der falschen Stelle sparen.

Es kommt aber bei der Honorarberatung deutlich mehr auf die Skills, das Wissen, die Fähigkeiten und das Engagements des Beraters an. Hier dürfte der Wettbewerb die Berater mit einer hohen Kundenzufriedenheit deutlich belohnen (so wie auch heute noch bei Provisionsberatern). Auch wenn es vielleicht mehr Arbeit für die Berater bedeutet.

Empfehlung: Weit verbreiteter Finanzbetrug und die verschiedenen Maschen.

Kommt die Honorarberatung in Deutschland?

Persönlich bin ich sehr angetan von dem Gedanken einer flächendeckenden unabhängigen Honorarberatung in Deutschland. SOlange sie wirklich unabhängig ist. Dass bei allen bislang gängigen provisionsbasierten Geschäftsmodellen ein Interessenskonflikt besteht, sollte klar sein. Bei manchen Beratern ist das eher ausgeprägt, bei manchen weniger. Manche haben mehrere Anbieter zur Auswahl, wieder Andere nur eine Handvoll.

Ein Honorarberater als neutrale Filterstelle im Auftrag des Kunden – analog eines Steuerberaters – macht daher in meinen Augen absolut Sinn. Immerhin hängt der Wohlstand und die Gesundheit im Alter davon ab. Es gibt also unwichtigere Berufe.

Man muss aber die Problematik mit den Gebühren in den Griff bekommen, damit nicht nur Reiche und Wohlhabende von einer optimalen Beratung profitieren. Man könnte die Gebühren ja speziell regeln. Wie die komplett selbstständigen Honorarberater aber in einem Konfliktfalle an ihr Geld kommen, ist dann leider aber auch deren Problem.

Hier könnte man an verschiedene Dienstleister denken, die die Gebühreneintreibung dann übernehmen.

Alles gierige Provisionsgeier?

In meinem Artikel soll jetzt nicht der Eindruck entstehen, dass Provisionsberater grundsätzlich allesamt unmoralische und gierige Zeitgenossen sind, die nur in die eigene Tasche wirtschaften.

Dennoch verleitet ein Provisionsmodell – unabhängig welche Branche – natürlich immer genau dazu. Da wird der Familien- und Freundeskreis abgeklappert, um den schnellen Euro zu machen oder ein Pyramidensystem zu errichten, wo andere für den Berater arbeiten sollen.

Auch der (leider inzwischen) Hof-Harlekin des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, Jan Böhmermann, hat diese Problematik kürzlich aufgegriffen am Beispiel der DVAG (Deutsche Vermögensverwaltung AG).

Leider wie immer als „Investigativ-Journalismus“ getarnte Gesellschaftskritik gegen Alles was nicht dem linksgrün-öffentlich-rechtlichen Meinungsmainstream entspricht. Verlinken tue ich das Video dennoch mal, da es in der Sache natürlich auch einen wahren Kern hat (und damit du nicht selbst auf Personen reinfällst, die dich anschreiben und für ein solches Versicherungspyramidensystem mit dem du „flexibel und selbstständig arbeiten kannst“, „nach Leistung bezahlt wirst“ und „reich werden kannst“, anwerben wollen):

Fazit: Verbot von Provisionen? Gerne!

Grundsätzlich bin ich immer dafür, sich selbst Know-How anzueignen und die Altersvorsorge in die eigenen Hände zu nehmen. Wer dazu keine Lust / Zeit / Interesse hat, der sollte nach einem Berater Ausschau halten, der möglichst unabhängig arbeitet, im Idealfall als Honorarberater mit einer marktbreiten Übersicht über alle Anbieter und technischen Vergleichsmöglichkeiten.

Leider sind diese in Deutschland aktuell noch nur vereinzelt zu finden. Das Provisionsmodell ist zu dominant. Sollte dieses aber auf EU-Ebene oder in Deutschland unter der Ampel-Koalition bald verboten werden, wird es zu starken Verwerfungen in der Branche kommen. Die Zeiten von Prostituierten, sektenartiger Selbstausbeutung, Partys und Luxusreisen (wie im Video) auf Kosten der Kunden sollten dann vorbei sein.

Bzw. dann gehören tatsächlich diejenigen Berater zu den Top-Verdienern, die auch tatsächlich die meisten zufriedenen Kunden und Know-How haben. Und nicht nur diejenigen Berater, die die meisten weiteren Berater geworben haben, die für sie dann wiederum Geld verdienen sollen (Pyramidensystem).

Ob sich dies dann hierzulande wie in Großbritannien entwickelt, hängt von der politischen Gestaltung ab. Leider steht ein möglicher Kanzler Olaf Scholz der Versicherungslobby recht nahe, weshalb hier die Grünen vielleicht gegen eine Mauer rennen. Aber immerhin: Je näher seine Kanzlerschaft rückt, desto bissiger wird Scholz aktuell gegen diese in Deutschland sehr starke Lobby.

Wie stehst du zu Provisionsberatern? Bist du bei einem Strukturvertrieb Kunde?

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