Gefahren als Investor

Um Gefahren als Investor, darum soll es heute gehen: 2005. Das war das Jahr wo bei mir alles begann. Man kann sogar von einem neuen Zeitalter in meinem Leben sprechen: In diesem Jahr habe ich nämlich angefangen, mich ernsthaft und aus wahrem inneren Interesse, mit dem Thema Börse und Finanzen zu beschäftigen. Zuvor war ich – wie Viele außer mir wahrscheinlich auch – eher Opfer von negativen Glaubenssätzen und Programmierungen hinsichtlich Geld und Reichtum. Wie wir in diesem Punkt meiner Meinung nach gerne manipuliert werden, kannst du bei Interesse hier und hier nachlesen.

Zugegeben, damals kannte ich die Hintergründe und Philosophien hinter der finanziellen Freiheit oder passivem Einkommen noch nicht. Für mich spielte sich anfangs Alles eher auf der Spekulationsebene ab, also günstig einkaufen, teurer verkaufen.

Inhaltsverzeichnis

Aller Anfang ist schwer

Ein Einstieger betreibt also Markettiming, das kann ja nur schief gehen!

Tat es dann auch, in der Folgezeit summierten sich die Verluste bis auf eine fünfstellige Höhe. Schuld daran waren zugegeben hauptsächlich Optionsscheine und Knock-Out-Zertifikate, aber Lehrgeld habe ich definitiv bezahlt. Im Nachhinein zwar ärgerlich, aber inzwischen, glaube ich, hat mich dieses Lehrgeld eben dahin gebracht, wo ich heute stehe. Ob ich ohne diese praktischen Erfahrungen heute hier wäre, kann ich nicht mit Bestimmtheit sagen.

In meinen 13 Jahren aktiver Börsenzeit habe ich einiges gelernt darüber, wo sich so mancher Stolperstein als Investor befindet. Auf diese Gefahren als Investor möchte ich heute kurz berichten. Gerade wenn du erst seit Kurzem das Ziel der finanziellen Freiheit zu erreichen versuchst oder erst seit Kurzem deine Finanzen selbst verwaltest, kannst du vielleicht das Eine oder Andere mitnehmen.

Kommen wir also zu den Gefahren, die dir als Investor begegnen können:

1. Du spekulierst und hebelst dich ins finanzielle Grab

Fangen wir gleich mit dem Wichtigsten an: Spekulieren an sich ist ok, das macht im Prinzip Jeder, der eine Aktie kauft, mit dem Gedanken, sie teurer wieder zu verkaufen. Selbst Berkshire-Hathaway-Aktionäre sind im Prinzip Spekulanten, da sie bis zum Verkauf keinerlei Return aus der Aktie erhalten.

Zudem sind auch einige prominente Vertreter wie zum Beispiel André Kostolany (siehe in „Die Kunst über Geld nachzudenken*“) mehr als brennende Verfechter des Spekulierens.

Aber: Wenn du ohne Ahnung zu haben mit dem Spekulieren oder auch Investieren anfängst, begibst du dich auf dünnes Eis, siehe die Finanzirrtümer und Tipps von Gerald Hörhan.

Gefahr durch Handel auf Kredit

Wenn du dann noch Hebel– oder Knock-Out-Produkte nutzt, dann bist du schnell dein Geld los. Ähnlich wie bei Sportwetten oder im Glückspiel. Als Anfänger rate ich dir also dringend, dich langsam mit der Materie vertraut zu machen und beim Spekulieren ggf. ETFs oder geeignete 1:1 Zertifikate als Instrument zu benutzen. Oder lese dich erst in die Materie ein (Derivate: Verstehen, anwenden und bewerten*).

Wenn du denkst, der Dax steigt in den nächsten Monaten stark, dann hole dir lieber einen Long-DAX-ETF und verkaufe ihn wieder, sobald der Dax deiner Prognose gefolgt ist. Hier hast du zumindest kein Totalverlustrisiko. Du bekommst auf diese Weise ein Gespür für den Markt und legst die anfängliche Euphorie à la „schnell reich werden“ schnell ab.

Wenn du aber zum Beispiel CFDs nutzt oder auf andere Weise mit Krediten (also gehebelt) spekulierst, dann stehst du zumindest schon mit einem Bein im finanziellen Grab. Es mag Daytrader geben, die vom schnellen Handeln solcher Hebelprodukte leben können, als Anfänger wirst du aber definitiv nicht dazu gehören.

Also taste dich langsam ran mit einfachen ETFs oder großen Einzelaktien von Unternehmen, die es wahrscheinlich in 10 Jahren auch noch geben wird. Sehr schnell wirst du dann sowieso in Richtung Investieren statt Spekulieren umschwenken.

2. Deine Sparquote ist zu hoch

Hier muss ich mich an die eigene Nase fassen. Die Verlockung ist riesig, die monatliche Sparquote immer weiter zu erhöhen, in der (irrigen?) Annahme, auf diese Weise das finanzielle Ziel schneller zu erreichen. Du bekommst irgendwoher Geld und schwupps ist es schon auf deinem Verrechnungskonto für den anstehenden Wertpapierkauf. Das kann tatsächlich zu einer Art Sucht werden, einer Investitionssucht, so wie es auch bei mir ab und zu der Fall war.

Natürlich erreichst du deine Ziele mathematisch gesehen schneller, je mehr Geld du investierst und „für dich arbeiten lässt“ (ich sehe schon wie es Manche bei dieser Formulierung schüttelt…).

Aber Alles bitte mit Maß und Ziel. Wenn du ein fixes Einkommen z.B. als Angestellter hast, dann befolge besser den automatisierten Mehrere-Konten-Ansatz. Und bei diesem bleibst du dann stur, komme was wolle. Das geht in etwa so:

Dein monatliches Gehalt wird gleich am Ersten des Monats aufgeteilt in:

  • Überweisung der Sparquote fürs Alter bzw. die finanzielle Freiheit (ETF-Sparplan, Einzelaktiendepot, private Rentenversicherung etc.)
  • Überweisung als Dauerauftrag auf ein Tagesgeldkonto für den Aufbau deines finanziellen Schutzes
  • [Überweisung als Dauerauftrag auf ein Spaßkonto]
  • Rest bleibt auf deinem Girokonto und wird n i c h t investiert

Ob es ein extra Spaßkonto braucht, ist umstritten. Bodo Schäfer zum Beispiel befürwortet ein solches Konto, siehe in seinem Video über den automatisierten Vermögensaufbau:

Ich persönlich führe KEIN separates Spaßkonto, sondern benutze mein Girokonto hierzu.

Wichtig finde ich den letzten Punkt, dass übriges Geld NICHT am Monatsende nachinvestiert wird. Warum?

Ganz einfach: Dein System läuft wenn es einmal eingerichtet ist. Du hast dir vorher Gedanken gemacht, wieviel Geld zu zusammensparen möchtest. Es ist also unnötig, mehr in investieren.

Finanzieller Druck, Monat für Monat

Wenn du am Monatsende immer wieder bei Null anfängst und dein gesamtes Geld aufteilst, dann kann das auf die Psyche schlagen, weil du kein Wachstum auf deinem Girokonto siehst. Wenn du mehr investieren möchtest, dann schau zu, dass du besser deine Einnahmen erhöhst, dadurch erhöht sich dann automatisch deine prozentuale Sparquote.

Solltest du mehr verdienen oder eine Gehaltserhöhung erhalten, dann erhöhe einfach deine Positionen Tagesgeld oder Wertpapierdepot.

Wenn am Monatsende noch etwas übrig ist, dann lass es einfach auf dem Girokonto. Jeder Monat schwankt von seinen Ausgaben her, vielleicht brauchst du die Kohle im nächsten Monat? Wenn nicht, dann erfreust du dich über ein Monat für Monat wachsendes Girokonto. Erst wenn dieses eine gewisse Summe erreicht hat, kannst du es auf dein Tagesgeldkonto transferieren oder eben investieren.

Zusammenfassend:

Übertreibe es nicht mit deiner Sparquote. Wenn du zu viel sparst, heißt das nichts Anderes als dass du ziemlich krass in der Zukunft verankert bist und dadurch automatisch weniger im Hier und Jetzt lebst.

Über die möglichen – auch psychischen Folgen – kannst du an deinen spießigen Nachbarn sehen oder jeden Psychologen fragen, der sich mit dem Thema Achtsamkeit beschäftigt.

Leben in der Zukunft und Leiden in der Gegenwart halte ich für kein gutes Konzept. Wenn du deine Ziele dann doch nicht erreichst oder dir das Schicksal vorher einen Schlag versetzt und du stirbst, war ohnehin alles Sparen umsonst. Klar, juckt dich dann ja auch nicht mehr 😉

3. Zu geringe Cash-Quote

Dieser Punkt hängt mit dem Vorgenannten zusammen: Ich hatte lange das Problem, dass mein Depot zwar über eine stattliche Summe an Aktien und ETF verfügte, ich aber auf meinem Girokonto und Tagesgeldkonto nur das Nötigste liegen hatte, teilweise bis auf Null am Monatsende. Alles übrige Geld wurde nämlich sofort investiert, um möglichst wenig Kaufkraft an die Inflation abgeben zu müssen.

Nur: Wenn nun etwas kaputt geht oder doch ein neues Auto her muss, dann kommst du unnötig ins Schlingern, wenn du dir vorher kein großes Polster aufgebaut hast. Diesen finanziellen Schutz auf dem Tagesgeldkonto halte ich inzwischen für mindestens genauso wichtig, wie die Summe auf dem Wertpapierdepot.

Wie hoch diese Summe sein sollte, ist umstritten. Ich denke so 10.000 Euro sollten es schon sein, wenn du davon auch deine Urlaube jedes Jahr zahlen willst.

Weiterer Pluspunkt: Wenn du über deine gesetzte Grenze kommst, dann spricht nichts dagegen, das Geld als Cash zu halten für gute Gelegenheiten an der Börse. Wenn alle rumheulen, kannst du dir die Finger lecken.

Also gilt: Ausreichend Cash ist King!

4. Fehlkalkulation über die Zukunft

Jeder Investor verfolgt seine Ziele. Wenn du aber schon in deiner Kalkulation einen Fehler machst, dann kann das dazu führen, dass du deine Ziele gar nicht erreichen KANNST. Beispiel:

Viele Sind der Meinung, dass du mit 450.000 Euro gut investiertem Geld nahe an der Finanziellen Freiheit bist. Wenn du diese Summe Cash HEUTE herumliegen hast, dann kannst du dich beglückwünschen und vermutlich tatsächlich in abgespeckter Form davon leben. Wenn du diese Summe aber erst über Jahre aufbauen möchtest, musst du auch Eventualitäten wie steigende Inflation, steuerliche Änderungen oder andere Faktoren (politische / wirtschaftliche) berücksichtigen.

Rechenbeispiele:

  • Um 450.000 Euro bei 7% p.a. durchschnittlichem Zinssatz in 15 Jahren anzusparen, benötigst du eine monatliche Sparrate von 1437,78 Euro. (ohne Steuern)
  • Wenn du nun noch die Steuern berücksichtigst (aktuell 26,375 % Abgeltungssteuer ab einem Freibetrag von 801 Euro für einen Single), dann bräuchtest du für das gleiche Ziel eine monatliche Sparrate von 1654,14 Euro.
  • Sollten dann noch die Aktienmärkte beispielsweise aufgrund abflauenden Wachstums nur noch 5% p.a. machen, dann müsstest du schon 1863,19 Euro monatlich berappen.

Du siehst, es macht manchmal durchaus Sinn, sich realistisch mit dein eigenen Zielen zu beschäftigen, um nicht auf das Marketing „Finanzielle Freiheit“ hereinzufallen.

Fazit:

Investieren ist toll und macht Spaß. Dennoch gibt es auch Gefahren als Investor, von denen man zumindest schonmal gehört haben sollte. Nichtsdestotrotz wünsche ich dir bei deinem eingeschlagenen Weg alles Gute. Wenn du es schaffst, diese Gefahren zu erkennen und für dich auszuräumen, dann bist du schon einen gewaltigen Schritt weiter und hast dadurch deine individuellen Chancen wesentlich erhöht.

Welche Gefahren für Investoren siehst du? Hast du schon entsprechende Erfahrungen gemacht?

2 Kommentare

  1. Ich finde es gut, dass auch hier mal wieder etwas kritischer über die Sparwut, die bei manchen schon verbissene Züge annimmt, berichtet wird. Mir ist dieses Mehrkonten Modell allerdings zu umständlich bzw. ich bin nicht der Fan davon in starren Gebilden zu denken und Sparplänen mit fester Rate zu folgen. Ich brauche auch keine „pay-yourself-first“ Logik um mich selbst irgendwie zu disziplinieren.

    Mein Gehaltskonto ist auch Drehscheibe. Ich „nulle“ dieses Konto stets auf 4000€. Das ist genug für finanzielle Rücklagen durch Ausfälle oder private Anschaffungen. Kommen dann 2000€ z.B. durch Gehalt drauf und bleiben nach Abzug von laufenden Kosten und privaten Anschaffungen z.B. 5200€ übrig, dann gehen halt 1200€ am Ende des Monats auf mein Broker-Verrechnungskonto. Liege ich nach einem Urlaub o.Ä. mal darunter, wird halt einen Monat lang gar nichts „angespart“ sondern das Liqudititätskonto wieder gefüllt. Es ist wie eine Art Überlauf.

    Mit diesem System muss ich keinem starren Muster folgen, kann auch mal viel mehr investieren als ursprünglich gedacht und bin flexibel was den Einkommensstrom angeht. Mehr Gehalt, mehr fließt als „Abfluss“ vom Gehaltskonto rüber.

    1. Hi Daniel!

      Danke für deinen Beitrag. Nur mit dem Girokonto kann man es natürlich auch machen. Aber wie du korrekt schreibst gehört hierzu ein wesentlich höheres Maß an Selbstdisziplin, um die Sparquote überhaupt einzuhalten. Manchmal macht es schon Sinn, sich zu zwingen, aber nicht so verbissen und stur wie manche Investoren, die dabei dann das Leben vergessen.

      Ich bevorzuge aber doch definitiv den Ansatz „pay yourself first“. Muss ja nicht immer die komplette Sparquote sein. Aber eine „heilige“ Rückstellung fürs Alter und der Rest darf gerne erstmal aufm Girokonto bleiben. Aber letztendlich ist es egal, wie man seine Ziele erreicht.

      Deinen Ansatz mit dem „Überlauf“ auf dem Girokonto halte ich für sinnvoll. Aber wenn diese 4000 Euro das einzige sofort flüssige Kapital sind, dann kann das dich theoretisch auch in Schwierigkeiten bringen. Was zum Beispiel wenn du ein neues Auto benötigst? Oder als Immobilieneigentümer eine kostenintensive Sanierung ansteht (neue Heizung etc.)? Wertpapiere würde ich nur ungern für solche Ausgaben verkaufen…vor allem falls gerade mal Krise ist.

      Würde mich da eher mit einem Polster von 7000-8000 Euro wohl fühlen.

      Liebe Grüße

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