Heute geht es um eine kleine Geschichte, die sich kürzlich in meinem Umfeld zugetragen hat: Ein Arbeitskollege kam zu mir und hat mir voller Stolz berichtet, dass er sich nun ein neues Auto gekauft hat! Nun muss man zunächst verstehen, dass man mich mit dem Status-Symbol „Auto“ schon lange nicht mehr hinter dem Ofen hervorkriegt.
Für mich ist ein Auto nicht mehr als ein Nutzgegenstand, der einen von A nach B bringen soll.
Natürlich mit gewissem Stil, Sicherheit und Komfort, ok, akzeptiert. Auch Spaß darf das Fahren gerne machen, ebenfalls in Ordnung. Trotzdem: Durch die Brille eines börsenbegeisterten Bloggers betrachtet, ist ein Auto nunmal in erster Linie lediglich eines: Eine Verbindlichkeit. Und keine Investition. Was jeweils der gewaltige Unterschied ist, kannst du gerne bei Robert Kyosaki* oder anderen namhaften Autoren nachlesen. Kurz zusammengefasst: Alles was dir Geld entzieht ist eine Verbindlichkeit, alles was dein Vermögen mehrt ist eine Investition.
Sobald also eine gewisse Schwelle an wirtschaftlicher Unsinnigkeit überschritten wird, beginnt bei mir also schnell mein Verständnis für manche Lebensentscheidungen zu schwinden.
Inhaltsverzeichnis
270 PS, Verbrennermotor, Diesel
Der beschriebene Kollege kam nun also zu mir und zeigte mir voller Stolz sein neues Auto: Ein schwarzer Audi A6 Kombi, 6-Zylinder, Diesel, 270 PS. Da ich sein Leuchten in den Augen wahrnahm, wollte ich mal nicht so sein und habe ihm zu dem schönen Auto gratuliert und es voller Bewunderung bestaunt. Ich freue mich ja wirklich für ihn, es muss nicht jeder so ticken wie ich. Auch klar. Wer ein teures Gefährt braucht – bitteschön. Ob sich dahinter vielleicht mangelndes Selbstwertgefühl* verbirgt, lasse ich hier mal so unkommentiert.
Innerlich sah es bei mir aber in dieser Situation folgendermaßen aus. Hier hat mein Inneres meinem Kollegen in etwa folgendes zugerufen:
„Jetzt hast du eine tägliche Strecke zur Arbeit von nur 30 Kilometern einfach und holst dir ein Auto, welches…
a)…auf eine aussterbende Antriebsart setzt (die Politik hat das global beschlossen. Punkt.)
b)…bald deswegen nicht mehr in manche Großstädte einfahren darf
c)…hohe Steuern kostet
d)…teuer in Anschaffung, Unterhalt und Verbrauch ist (TÜV, Bremsscheiben, Ölwechsel, Elektronik, normale Wartung, Klimaanlage etc.)
e)…aufgrund der hohen Leistung vermutlich nie bis selten überhaupt ausgefahren wird, daher völlig über dem tatsächlichen Bedarf liegt
f)…ich vollends in der Hand der Ölkonzerne und ihren steigenden Preisen bin
g)…aufgrund seines Alters (3 Jahre) dennoch in den nächsten Jahren einen massiven Wertverlust erleiden wird und dadurch das ausgegebene Geld doppelt wehtut
…man, du tust mir ehrlich leid.„
Nein, das ist leider alles nichts mehr für mich. Ich bin dieser gesellschaftlich programmierten Auto-Geilheit leider komplett entwachsen.
Der Tod meines Benziners
Dennoch wird mir schlicht unwohl, wenn ich darüber nachdenke, wie ich handeln werde, wenn mein 10 Jahre alter Benziner, der aktuell mehr Stand- als Fahrzeug ist, irgendwann seinen Geist aufgeben sollte:
- Steige ich auf ein Zweirad um? (E-Bike, Motorrad, Roller etc.)
- Lease ich mir günstig und staatlich subventioniert ein E-Auto als Pendler im monatlichen „Abo-Preis“ und bewerte die Situation nach 2 Jahren neu?
- Hole ich mir für nen Tausender eine alte Schrottgurke mit Benziner und hoffe auf das Beste?
- Lassen wir es bei nur einem Fahrzeug als Familienkutsche für unsere Kleine bewenden und verzichten komplett als Familie auf einen Zweitwagen?
Fragen über Fragen. Fest steht jedoch: Eine Entscheidung wie mein Kollege würde ich in 1000 kalten Wintern nicht treffen.
Ich weiß nicht, was ihn das Auto gekostet hat. Ich würde locker aus der Hüfte ca. 25.000 Euro schätzen (ich weiß es wirklich nicht).
Was wäre wenn…
25.000 Euro in einem ausschüttenden ETF mit 4 Prozent Ausschüttungsrendite bringt mir jährlich 1000 Euro Cash aufs Konto. Monatlich gerechnet also 83,33 Euro Taschengeld. Kurszuwächse des ETFs noch nicht einmal mitgerechnet, da kommen vielleicht nochmal 2-3 Prozent on Top. Wenn es ein guter ETF ist, wachsen die Ausschüttungen sogar Jahr für Jahr weiter. Irgendwann bekomme ich 90 Euro, 95 Euro etc. monatlich auf mein Verrechnungskonto gespült ohne auch nur einen Cent mehr einzahlen zu müssen.
Den ETF kann ich börsentäglich verkaufen und die 25.000 Euro sind dann vielleicht schon zu 28.000, 30.000 oder 40.000 Euro angewachsen. Who knows.
DAS ist für mich eine Investition. Mit so etwas bekommt man mich begeistert (Traurig? Vielleicht. Is aber so). Mit dem gleichen Geld hätte ich also in 10 Jahren 10.000 Euro an Ausschüttungen passiv aus dem ETF bekommen. Gleichzeitig ist er im Wert bis dahin vielleicht doppelt so hoch bewertet (alle 7-9 Jahre verdoppelt sich in der Regel eine Investition in den globalen Aktienmarkt). Das Ganze ohne Folgekosten, Wartung und Ölwechsel. Nur die Abgeltungssteuer knappst ein bisschen was weg.
Schon seltsam, was einem so bei einer täglichen Lappalie wie einem Auto durch den Kopf gehen kann.
Wie sieht es bei dir aus? Kannst du meinen Kollegen verstehen oder was hättest du mit den geschätzten 25.000 Euro angestellt? Oder kannst du meinen Kollegen vielleicht sogar verstehen? Was hättest du mit dem Geld gemacht?
Schreibe deine Ideen gerne mal in die Kommentare!
Ich sehe deine Ansicht mit dem teuren Autokauf genauso. Aktuell fahr ich ein relativ günstiges Leasing Auto für monatlich ca. 250 € mehr würde ich für ein Auto aber nicht ausgeben. Selbst für ein gebrauchtes würde ich nie mehr als 5000 € ausgeben, die laufenden Kosten sind sowieso schon hoch genug.. Hauptsache meine Sparrate kann ich möglichst hoch halten (aktuell bei knapp 50 %, was ich für München ganz ok finde).
Hi Andreas,
keine Sorge, ich habe Deinen Artikel sicher nicht als Angriff auf irgendwen verstanden. Auch die Ausrichtung ist mir nicht entgangen.
Wobei aus dem Artikel nicht wirklich hervorging, ob sich der Kollege das Auto leisten kann oder nicht. (Vielleicht habe ich es auch nur überlesen.)
In meiner Kommentierung bin ich davon ausgegangen, dass er sich das Auto leisten kann. Und natürlich gilt meine Kommentierung auch nur unter der Einschränkung, dass ausreichend finanzielle Mittel da sind.
Den Aspekt, dass viele Menschen über ihre Verhältnisse leben und falsche Prioritäten setzen (Konsum vor Investition), habe ich auch schon einmal beleuchtet. 😉
https://www.schwarzgeld.biz/kassensturz/anlagestrategie-fuer-die-katz/
(Ich hoffe die Linksetzung geht in Ordnung.)
Und nein, ich habe beruflich nichts mit Autos zu tun, war allerdings in normalen Zeiten etwa 40.000 KM im Jahr beruflich unterwegs (und hoffe, dass das auch irgendwann wieder so wird oder ich sonst schnell den FYM-Status erreiche – virtuell macht der Job wenig Spaß). Aber auch das hat mich nicht geprägt.
Schon als Kind fand ich Autos toll. Mich begeistern die Technik, bei älteren Autos das Design und vor allem die Freiheit, die sie verkörpern. Nur mit einem Auto kann man jederzeit überall und komfortabel hin und wenn nötig kann man sogar darin wohnen.
Meine Eltern haben in Ihrer Jugend so halb Europa und ein wenig Afrika erkundet. In meiner Jugend kam es durchaus öfter vor, dass man mal am Wochenende spontan nach der Disco an’s Meer gefahren ist, um sich den Sonnenaufgang anzuschauen. Mit welchem Verkehrsmittel geht so etwas sonst noch?
Bevor ich nun zu sehr in nostalgische Erinnerungen abschweife, höre ich jetzt lieber auf und wünsche noch einmal ein schönes Wochenende.
Viele Grüße
der Kassenwart
Jeder so wie er mag: der eine kauft sich das schöne Auto, der andere die große Villa, der nächste geht oft in teuren Lokalen Essen, wieder andere geben ihr Geld für teure Kreuzfahrten aus und die meisten kaufen sich laufend neue Smartphones und Wegwerf-Marken-Klamotten …
So hat jeder sein persönliches Groschengrab. Warum auch nicht?
Welches ist denn Deins?
Wenn man sein Leben nur nach der Sinnhaftigkeit von Investitionen ausrichten würde, bräuchte man gar nicht mehr zu leben – ungefähr so wie aus Angst vor dem Tod das Leben einzustellen. 😉
Wir investieren mit großer Leidenschaft und großem Ehrgeiz und sind an vielen Stellen überzogen geizig („Nö, die Kugel Eis ist mir zu teuer.“). Und dennoch möchte ich auch im Hier und Jetzt leben und den einen oder anderen Luxus gönnen und nicht erst in ferner Zukunft. (Kann ich es nach einem asketischen Leben überhaupt noch?)
Ich bin bekennender Autonarr und kann Deinen Kollegen durchaus verstehen. Wobei meine Wahl dann doch eher auf einen Stern mit 6-Zylinder Benziner gefallen wäre. 😉
Beste Grüße und ein schönes Wochenende.
Hi Kassenwart,
Ich möchte mit dem Beitrag auch niemanden angreifen. Auch ich bin kein radikaler Frugalist, der jede Ausgabe auf die Goldwaage legt. Zum Beispiel würde mir persönlich das Auto des Bundes-Frugalisten Oliver ein noch leichteres Lächeln entlocken, als der Audi meines Kollegen. Für Oliver scheint es aber genau die richtige Wahl zu sein, daher alles gut.
Wenn Autos dein Ding sind, dann ist das auch völlig in Ordnung. Vielleicht hast du auch beruflich mit Autos zu tun (eventuell in Zuffenhausen oder Sindelfingen? ;-)), dann kann ich das noch mehr verstehen. Vielleicht bist du auch Berufspendler und hast jeden Tag mehrere Kilometer Autobahn zur Arbeitsstelle. Auch dann ist die Situation eine andere.
Ich gehe in dem Artikel nur von meinem Kollegen und meiner Situation aus. Rein subjektiv also 😉
Mir geht es eher um die grundsätzliche Frage, ob „nur“ ein Auto so einen Preis rechtfertigt, wenn man als Käufer „Normalverdiener“ ist und parallel weiter im typischen gesellschaftlichen Hamsterrad weiterrennt und sich dann wundert und ärgert, wenn am Ende des Geldes noch so viel Monat übrig ist. Immerhin verursachen meinem Kollegen auch die „normalen“ Ausgaben wie Haus und Hof, Ehefrau, Kind, Hund etc. einiges finanziell ab.
Zu mir: Ich würde da dann eher das Geld in Kombination mit dem Zinseszinseffekt dafür sorgen lassen, dass ich vielleicht früher in Rente gehen könnte, eine Weltreise unternehmen oder anderes.
Aber auch das ist natürlich Typsache.
LG
Andreas