Aktuell geht es abwärts an den internationalen Börsen. Nicht Wenige schwören hierbei auf Dividenden-Aristokraten. Diese sollen das Depot stabilisieren, was oftmals zulasten der Rendite gehen soll. Wie wahr beide Aussagen sind, möchte ich heute einmal untersuchen.
Wenn du schon länger meinem Blog folgst, weißt du ja, dass ich in meinem Depot keine explizite Dividenden-Strategie mit ETFs verfolge. Allerdings greife auch ich in meinem privaten Core-Satellite-Depot gerne auf Dividenden-Aristokraten als Einzelaktien zurück. Neben meinen eher spekulativen Positionen im Growth-Sektor, geht es hier um beständiges, langfristiges und ggf. auch etwas langweiligeres Wachstum.
Dass dies aber nicht heißen muss, dass du dabei gleichzeitig auch auf Rendite verzichtest, möchte ich heute etwas näher beleuchten. Aber kommen wir erstmal zur Definition.
Transparenzhinweis: Nachfolgender Artikel stellt keine Anlageberatung oder gar Empfehlung zum Kauf oder Verkauf bestimmter Wertpapiere dar. Es handelt sich lediglich um meine Gedanken zum Thema. Einige erwähnte Wertpapiere habe ich zum Zeitpunkt dieses Artikels selbst im Depot. Dies sind: PepsiCo, Amazon, Procter & Gamble, Johnson & Johnson.
Inhaltsverzeichnis
Was sind Dividenden-Aristokraten?
Generell spricht man bei Dividenden-Aristokraten (engl. „dividend aristocrats“) von Unternehmen, die in einem definierten, langfristigen Zeitraum stetig ihre an die Eigentümer (Aktionäre) gezahlten Dividenden gesteigert haben. Wohl gemerkt: Gesteigert! Nicht gleichbleibend gezahlt oder einmalig ausgesetzt, sondern tatsächlich durchgängig gezahlt.
Dies schränkt naturgemäß die Auswahl solcher Aktien gravierend ein. Nicht viele Unternehmen können dies von sich behaupten. Leider ist der Begriff „Aristokraten“ im Finanzsektor nicht einheitlich definiert, weshalb der Anleger hier aufpassen muss, was er zum Beispiel mit einem ETF auf einen solchen Aristokraten-Index kauft. Der Begriff ist nicht geschützt, sodass man fast auf alles „Aristokraten“ draufschreiben darf.
In den USA wird ein Unternehmen erst dann zum Dividenden-Aristokraten, wenn es an mindestens 25 aufeinanderfolgenden Jahren seine Ausschüttungen an die Aktionäre erhöht hat. Dies hat zur Folge, dass das Unternehmen bei Verletzung dieser Regel sofort diesen Status verliert und sich erstmal 25 Jahre neu beweisen muss, ehe es erneut in einen solchen Index reinkommt. Selbstredend, dass die Unternehmen diesen „Rauswurf“. mit aller Kraft verhindern wollen.
Dieser „Ausschüttungsdruck“ hat aber auch Schattenseiten, daher ist auch die Höhe der Ausschüttung im Verhältnis zum Free Cash-Flow wichtig. Hier trennt sich dann auch innerhalb der Aristokraten die Spreu vom Weizen.
Aristokrat mit 10 Jahren Ausschüttung?!
Die oben beschriebenen Regeln mit 25 Jahren beziehen sich also nur auf den US-Markt. Das hat seine Gründe. Hier tummeln sich die meisten dieser Unternehmen, weil die Märkte dort nicht durch Kriege auf US-Boden beeinträchtigt wurden. Daher sind in den USA die Definitionen, wann es sich um Aristokraten handelt entsprechend streng. Es erfüllen einfach mehr Aktien die Kriterien als im Rest der Welt.
In anderen Regionen dieser Welt sieht die Definition daher oft anders aus:
Wenn du zum Beispiel in einen globalen ETF wie den „SPDR S&P Global Dividend Aristocrats“ (ISIN: IE00B9CQXS71) investierst, dann landen in diesem ETF Unternehmen, die an nur 10 Jahren (!) aufeinanderfolgend ihre Dividenden erhöht haben.
Hier ist also Vorsicht geboten! Wer einen solchen ETF kauft, hat nicht notwendigerweise die üblichen Verdächtigen wie Coca-Cola, Procter & Gamble, Johnson & Johnson und Co. im Depot! Vor allem wenn nach Ausschüttungshöhe differenziert wird, hast du hier evtl. exotischere Unternehmen, die eben gerade mal 10 Jahre erhöht haben.
Selbst der bei vielen Verfolgern einer reinen Dividenden-Strategie so beliebte SPDR S&P U.S. Dividend Aristocrats ETF (ISIN: IE00B6YX5D40) beinhaltet Unternehmen, die „nur“ 20 Jahre aufeinanderfolgend ihre Dividenden erhöht haben. Auch hier „fehlen“ somit ganze 5 Jahre im Ranking. Ist das tragisch? Nein. Sollte man es als Investor wissen? Auf jeden Fall!
Dividenden-Strategie? Nur mit Einzelwerten!
Für mich persönlich bedeutet das, dass mein Aristokraten-Bestandteil im Depot derzeit ausschließlich aus Einzelwerten besteht. So sehr ich sonst gerne auf marktbreite und nach Marktkapitalisierung gewichtete ETFs setze, so gerne setze ich beim Thema Aristokraten gerne auf Einzelwerte.
Es gibt schlicht und ergreifend keinen für mich geeigneten ETF. Die oben angegeben ETFs erfüllen das eigentliche Kriterium 25 Jahre leider nicht. Auch passen mir die zugrundeliegenden Indices nicht zu 100 %, da diese zusätzlich nochmal in meinen Augen nachteilig „gefiltert“ werden.
Kleiner Wunschzettel: Liebe Indexanbieter! Ihr habt die tollsten ETFs im Angebot und kommt auf immer neue „tolle“ Ideen. Smart-Beta ETFs oder ETF auf kongolesische Eisenbahnunternehmen. Aber wo bleibt ein simpler ETF, der zu 100% physisch (!) den „S&P 500 Dividend Aristocrats-Index“ abbildet?
Sprich: Ein ETF der automatisch die „echten“ Aristokraten mit 25+ Jahren aus dem S&P 500 filtert und abbildet? Ohne sonstigen Schnickschnack. Ich glaube ein solcher ETF wäre zum Erfolg verdammt.
Das wäre ein echter Traum, den es meines Wissens zumindest für deutsche Anleger leider noch nicht gibt. Dies wäre die für mich einzig wirkliche Alternative zum Kauf von Einzelwerten.
Daher kommen bei mir aktuell die Aristokraten nur per Stock-Picking ins Depot. Großer Vorteil hierbei: Dadurch, dass manche Unternehmen teilweise sogar 40-50 Jahre ihre Dividenden stetig erhöht haben, eignen sich solche Werte perfekt für Buy & Hold.
Ganz im Gegensatz zu Tech-Werten, die eher für Spekulationen (Verkauf zu einem höheren Preis in der Zukunft) taugen und bis dahin oftmals gar keine Dividende zahlen.
Outperformance durch Dividenden-Wachstum
Die letzten Jahre waren solche Dividenden-Aristokraten in meinen Augen zu Unrecht nicht sonderlich begehrt. Vielen „Robinhood“-Investoren und Jung-Tradern waren solche Aktien wie Mc Donalds oder Pepsi einfach zu „langweilig“. „Old economy“ hieß es da oft despektierlich. Zudem wachsen die Unternehmen weniger stark als eine Tesla oder andere Tech-Werte. Einen Verzehnfacher in einem Jahr gibts da halt nunmal nicht.
Was aber die Dividenden-Aristokraten so attraktiv macht, sind die wachsenden Dividenden. Jedes Jahr. Wenn du solche Aktien also jahrelang hältst, dann kann es sein, dass du nach vielen Jahren alleine aufgrund deiner wachsenden Dividende schon einen Index outperformst.
Übrigens: Viele der hier vorgestellten Dividenden-Aristokraten gibts inzwischen auch als Aktien-Sparplan. Besonders attraktiv hierbei ist das riesige Sparplan-Angebot der Consorsbank. Schon ab 10 Euro kannst du hier in solche Aktien monatlich investieren. Weitere Informationen findest du hier*.
Beispiel zu Dividendensteigerung:
Du kaufst einen Aristokraten zum Zeitpunkt X für 10.000 Euro. Deine individuelle Dividendenrendite zum Kaufzeitpunkt sind z.B. 3%. Bedeutet: Du erhältst im ersten Jahr 300 Euro Dividende. Nun erhöht das Unternehmen seine Dividende im Folgejahr um 5%, was bei Aristokraten durchaus realistisch ist.
Bezogen auf deine 300 Euro Dividende bedeutet das, dass du für die gleichen investierten 10.000 Euro nunmehr 315 Euro Dividende erhältst. Ohne etwas tun zu müssen.
Deine zwischenzeitliche Dividendenrendite bezogen auf deine 10.000 Euro seit Einstieg beträgt nunmehr keine 3% mehr, sondern bereits 3,15%. Wenn du keine Zukäufe tätigst und die 10.000 Euro einfach liegen lässt, dann wachsen die Dividenden im besten Fall jährlich weiter und damit auch deine individuelle Dividenden-Rendite.
Zwar schwanken auch die Kurswerte deiner 10.000 Euro, was aber bei Aktien normal ist. Das Schöne: Bei Dividenden-Aristokraten wachsen sogar die Aktienkurse meist langsam und beständig an. Dadurch bekommst du mit der Zeit
- Immer höhere Ausschüttungen
- Einen immer höheren Kurswert deiner Anfangs-Investments
Dies kann dann mit den Jahren tatsächlich dazu führen, dass du regelmäßig sogar den Index schlägst. Einfach weil deine Dividendenrendite irgendwann vielleicht nicht mehr bei nur 3% liegt, sondern bei 10-12% bezogen auf deine Startinvestition, je nachdem wie lange du das Unternehmen in deinem Depot wachsen lässt.
Durch die Titelrotation in ETF hast du in der Regel selten ein stetiges Ausschüttungs-Wachstum.
Das perfekte Investment?
Das klingt natürlich zu schön um wahr zu sein. Also alles verkaufen und in Dividenden-Aristokraten umschichten? Leider ist es so einfach nicht.
In meinen Augen kommt man in einem gut diversifizierten Depot auch um Wachstumswerte, also spekulative Titel, nicht herum. Titel wie Amazon, Apple und Co. sorgten die letzten Jahre für irrsinnige Wertzuwächse, auch wenn sie derzeit allesamt stark korrigieren bzw. sogar crashen.
Viele Dividenden-Aristokraten ziehen derzeit stark im Kurs an, dümpelten zum Teil die letzten 3-5 Jahre aber auch eher vor sich hin.
Überraschend für mich: Ich hielt den S&P 500 immer für das Maß aller Dinge in den USA. Nach Marktkapitalisierung gewichtet die größten Unternehmen und fertig. Umso überraschter war ich, als ich recherchiert habe, dass dieser Index trotz Techwerten wie Apple und Co. gegen einen Aristokraten-Index in den letzten 10 Jahren sogar verloren hat:
Vergleich S&P 500 vs. S&P 500 Dividend Aristocrats
Wie oben schon etwas angedeutet gibt es in den USA auch einen Index, der wiederum aus dem normalen S&P 500 die echten Dividenden-Aristokraten herausfiltert. Alle verbliebenen Unternehmen werden gleich gewichtet in den Index aufgenommen. Neben weiteren kleineren Kriterien wie einer gewissen Marktkapitalisierung (mindestens 3 Mrd. Dollar)und Liquidität wird sonst nicht weiter gefiltert.
Derzeit erfüllen nur 64 Unternehmen aus dem gesamten S&P 500 diese Kriterien (Quelle). Mindestens soll der Index 40 Werte umfassen, um zu funktionieren.
Im Vergleich ergibt sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem S&P 500:
Du siehst also: Obwohl die letzten 10 Jahre im Zeichen von Tech und Growth standen, schnitt die Aristokraten-Variante des S&P 500 hauchdünn besser ab. Auch ohne die Amazons und Apples. Für mich sehr bemerkenswert! In 10 Jahren machte der S&P 500 Dividenden-Aristokraten-Index satte 13,79% p.a. während der S&P 500 mit 13,63% p.a. nur knapp dahinter lag.
Ich lehne mich jetzt ganz stark aus dem Fenster und prognostiziere, dass der Aristokraten-Index in den kommenden 10 Jahren eventuell steigender Zinsen eine deutlichere Outperformance gegenüber dem S&P 500 erzielen wird. Ich bin gespannt!
Beispiele von Dividenden-Aristokraten
Kommen wir zum Schluss noch zu einigen Beispielen von solchen waschechten Aristokraten. Anhand der Charts dürfte dir schnell klar werden, wieso diese Unternehmen bei Buy & Hold Anlegern so begehrt sind:
Caterpillar (WKN 850598):
Der Hersteller schwerer Baumaschinen zahlt seit über 25 Jahren beständig seine Dividende und erhöht sie jährlich. Kaum ein Bauunternehmen kommt an deren Baumaschinen vorbei.
Kurswachstum: 11,26% p.a. in den letzten 10 Jahren (Quelle) – Stand: 11.05.2022
Colgate-Palmolive (WKN 850667)
Reinigungsprodukte und Konsumgüter sind langweilig und nicht mehr lukrativ? Old economy sieht anders aus. Zwar flacht das Kurswachstum etwas ab, historisch kann man aber nicht meckern. Obendrein gibts noch regelmäßig steigende Dividende, die hier im Kurs nicht beinhaltet sind!
Kurswachstum: 5,38% p.a. in den letzten 10 Jahren (Quelle) – Stand: 11.05.2022
RLI Corp. (WKN 857241)
Die US-Versicherungsgesellschaft RLI Corporation hat sich auf Schadens- und Unfallversicherungen sowie auf Bürgschaften für Nischen- und nicht ausreichend versorgte Märkte spezialisiert und schafft es auch, zuverlässig zu wachsen und die ausgeschütteten Dividenden regelmäßig zu erhöhen. So machen Versicherungen Spaß!
Kurswachstum: 23,03% p.a. in den letzten 10 Jahren (Quelle) – Stand: 11.05.2022
Sysco Corp. (WKN 859121)
Sysco vertreibt Fertignahrung und frisch zubereitete Speisen für z.B. Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen. Das schmeckt auch den Anlegern! Von links unten nach rechts oben – wie im Bilderbuch. Passives Einkommen durch wachsende Dividenden gibts noch on Top.
Kurswachstum: 20,86% p.a. in den letzten 10 Jahren (Quelle) – Stand: 11.05.2022
PepsiCo (WKN 851995)
Der große Rivale von Coca-Cola. Neben der schwarzen Brause und anderen Getränkemarken auch noch im Snack-Bereich vertreten.
Kurswachstum: 15,67% p.a. in den letzten 10 Jahren (Quelle) – Stand: 11.05.2022
Fazit:
In meinen Augen gehören Dividenden-Aristokraten definitiv ins Depot. Über den Anteil am Depot kann man sicherlich streiten. Nur auf solche Werte würde ich auch nicht setzen, aber als gewisser verlässlicher Anker und Stabilisator, wenn die Tech-Werte wie derzeit abrauchen, erfüllen Aristokraten eine nicht zu unterschätzenden Beitrag zur Gesamtperformance.
Zudem kann sich die Gesamtrendite des Aristokraten-Index durchaus sehen lassen. Von den oben vorgestellten Einzelwerten ganz zu schweigen: Reinvestiert man hier die erhaltenen Dividenden, kommt eine wahrliche Rendite-Lawine ins Rollen, die einem bei entsprechender Ausdauer durchaus ein nettes passives Zusatzeinkommen bescheren kann. Welches auch noch Jahr für Jahr wächst. Vermutlich sogar stärker als die Gesetzliche Rente 🙂
Wie oben erwähnt warte ich nur noch auf einen richtig guten Aristokraten ETF auf den S&P 500 Dividend Aristocrats Index, der auch deutschen Anlegern zugänglich ist. US-Anleger haben es hier wieder besser: Dort gibt es einen solchen ETF: ProShares S&P 500 Dividend Aristocrats Shs ETF (ISIN: US74348A4673 | WKN: A1XFR7 | SYM: NOBL).
Bis es einen solchen ETF gibt, setze ich diesen Teil meines Depots mit Einzelwerten und Buy & Hold um. Zwar kann niemand sagen, ob die nächsten 40 Jahre bei diesen Unternehmen genauso gut laufen wie die letzten und wie sich die Aristokraten in Zeiten einer Weltmacht China entwickeln. Aber solche Unsicherheiten gehören beim Stock-Picking nunmal immer dazu. Sonst eben einfach einen globalen ETF und gut is.
Wie stehst du zu solchen Aristokraten?
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Der wahre Gewinner ist aber der S&P 500 Growth (NTR). Und erst in den letzten 6 Monate ist er der Verlierer